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Wer hat’s erfunden…? Entdecke die Pionier:innen der systemischen Beratung! Diesmal: Salvador Minuchin

𝐒𝐚𝐥𝐯𝐚𝐝𝐨𝐫 𝐌𝐢𝐧𝐮𝐜𝐡𝐢𝐧 (1921-2017), Begründer der Strukturellen Familientherapie und einer der großen systemischen Denker. Seine Arbeit wurde von seiner Biografie geprägt. Als Sohn jüdischer Einwanderer in Argentinien und somit Mitglied einer Minderheit wurde sein Blick für soziale Gerechtigkeit sensibilisiert. So kümmerte er sich auf seinen späteren beruflichen Stationen meist um benachteiligte Jugendliche und deren Familien. Seine Kindheit war geprägt von der Dynamik einer patriarchalen Großfamilie, in der Regeln und Grenzen eine besondere Bedeutung hatten.

Die 𝐒𝐭𝐫𝐮𝐤𝐭𝐮𝐫𝐞𝐥𝐥𝐞 𝐅𝐚𝐦𝐢𝐥𝐢𝐞𝐧𝐭𝐡𝐞𝐫𝐚𝐩𝐢𝐞 wurde ab Mitte der 1960er entwickelt. Unterstützung erfuhr Minuchin von Jay Haley, dem Begründer der Strategischen Familientherapie. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes stehen die Begriffe Hierarchie, Regeln, Subsysteme und Grenzen: Ziel der Therapie ist die Veränderung der dysfunktionalen Struktur der Familie. Diese Veränderung zeigt sich in einem hilfreicheren Zusammenwirken der einzelnen Subsysteme sowie darin, dass klare Grenzen nach Innen und nach Außen gesetzt werden. Klare Grenzen sollten weder zu rigide sein, weil damit die Gefahr der Isolierung einhergeht, noch sollten sie verschwommen sein, weil dies zu einer Verstrickung führen kann. Dies ist insbesondere beim elterlichen Subsystem von besonderer Bedeutung.

Heute mag die Strukturelle Familientherapie als ein Ansatz der Kybernetik erster Ordnung für einige Systemiker als überholt erscheinen, dennoch hat Minuchin das systemische Denken und das Verständnis des Familiensystems nachhaltig geprägt.

Die von ihm entwickelte 𝐌𝐞𝐭𝐡𝐨𝐝𝐞 𝐝𝐞𝐫 𝐒𝐲𝐬𝐭𝐞𝐦𝐳𝐞𝐢𝐜𝐡𝐧𝐮𝐧𝐠 ist eine gängige Visualisierungsmethode in der systemischen Beratung. In einigen Bereichen war Minuchin seiner Zeit voraus: Während vor der kybernetischen Wende das heute zentrale Konzept der Ressourcenorientierung noch weitgehend unbekannt war, glaubte Minuchin fest an die Ressourcen und Fähigkeiten der Familien.
Herausragend war seine Fähigkeit, die Dynamiken der Familien schnell zu erfassen und eine 𝐀𝐧𝐬𝐜𝐡𝐥𝐮𝐬𝐬𝐟ä𝐡𝐢𝐠𝐤𝐞𝐢𝐭 zu den einzelnen Familienmitgliedern herzustellen. Dazu nutzte er sein schauspielerisches Talent und intervenierte mal als netter Onkel, mal als Zauberer oder als dominante Autorität. Auch sein 𝐇𝐮𝐦𝐨𝐫 war ein wichtiges Medium, um den Familien aus ihren problemerzeugenden Mustern zu helfen.

Eine wichtige Ressource Minuchins war 𝐬𝐞𝐢𝐧𝐞 𝐅𝐫𝐚𝐮 𝐏𝐚𝐭𝐫𝐢𝐜𝐢𝐚, mit der er 64 Jahre verheiratet war. Sie war eine in Amerika bekannte Entwicklungspsychologin und beeinflusste viele seiner Veröffentlichungen. In seinen familientherapeutischen Trainings entwickelte sich damals schon die Idee von 𝐕𝐢𝐝𝐞𝐨-𝐁𝐞𝐨𝐛𝐚𝐜𝐡𝐭𝐮𝐧𝐠𝐞𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐋𝐢𝐯𝐞-𝐒𝐮𝐩𝐞𝐫𝐯𝐢𝐬𝐢𝐨𝐧𝐞𝐧, die bald zum Standard wurden.