Künstliche Intelligenz und Führung: Wie systemisches Coaching Führungskräfte im Zeitalter von KI unterstützen kann. Ein Beitrag von Prof. Dr. Bernd Wallraff 

Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt im digitalen Zeitalter nicht nur in technologischen, sondern auch in sozialen und organisatorischen Kontexten zunehmend an Bedeutung. Insbesondere Führungskräfte sind gefordert, sich mit den Veränderungen, die diese Technologien mit sich bringen, auseinanderzusetzen. Ein systemischer Coaching-Ansatz kann hier wertvolle Unterstützung bieten. In diesem Beitrag möchte ich beleuchten, welche Herausforderungen und Chancen sich aus der Integration von KI in Führungsprozesse ergeben und wie systemisches Coaching helfen kann, diese effektiv zu bewältigen.

Die neue Rolle der Führungskräfte

Traditionell waren Führungskräfte die primären Entscheidungsträger in Unternehmen. Sie haben Informationen gesammelt, analysiert und auf dieser Basis Entscheidungen getroffen. Mit dem Aufkommen von KI verändert sich dieses Bild grundlegend. KI-Systeme können riesige Datenmengen in Echtzeit verarbeiten und fundierte Empfehlungen aussprechen. Dies führt dazu, dass Führungskräfte mehr und mehr die Rolle eines Moderators und weniger die eines traditionellen Entscheiders übernehmen.

 

KI als Partner und nicht als Ersatz

Ein wesentlicher Aspekt beim Einsatz von KI in der Führung ist das Verständnis, dass KI nicht als Ersatz für menschliche Führungskräfte dienen sollte, sondern als Partner. Die Kombination aus menschlicher Intuition, Erfahrung und ethischem Urteilsvermögen mit der analytischen Kraft der KI kann zu besseren Entscheidungen führen. Systemisches Coaching kann Führungskräfte dabei unterstützen, diese neue Rolle zu akzeptieren und ihre Fähigkeiten in der Zusammenarbeit mit KI-Systemen zu stärken.

 

Systemisches Coaching im Kontext von KI

Systemisches Coaching zeichnet sich durch einen ganzheitlichen Ansatz aus, der den Klienten in seinem gesamten Kontext betrachtet. Dies umfasst persönliche, berufliche und organisationale Aspekte. Beim Einsatz von KI in der Führung spielt diese ganzheitliche Perspektive eine entscheidende Rolle. Führungskräfte müssen nicht nur die technologischen Aspekte verstehen, sondern auch die Auswirkungen auf ihre Teams, die Unternehmenskultur und die eigenen Führungskompetenzen.

  1. Reflexion und Selbstwahrnehmung

Ein wesentlicher Bestandteil des systemischen Coachings ist die Reflexion der eigenen Rolle und der damit verbundenen Herausforderungen. Führungskräfte können durch Coaching ihre Ängste und Vorbehalte gegenüber der Technologie analysieren und lernen, diese konstruktiv zu bewältigen. Dies umfasst auch die Selbstwahrnehmung in Bezug auf den Umgang mit Unsicherheiten und die Fähigkeit, Veränderungen proaktiv zu gestalten.

 

  1. KI-Angst: Herausforderungen und Bewältigungsstrategien

Die Einführung von KI in Unternehmen weckt bei vielen Führungskräften und Mitarbeitenden Ängste. Führungskräfte fürchten, durch KI ersetzt oder in ihrer Rolle überfordert zu werden. Mitarbeitende haben oft Angst vor Arbeitsplatzverlusten und Veränderungen ihrer Aufgaben. Systemisches Coaching kann helfen, diese Ängste zu adressieren, indem es einen sicheren Raum für Reflexion und den offenen Austausch von Sorgen bietet. Durch gezielte Coaching-Interventionen können Führungskräfte lernen, mit Unsicherheiten umzugehen, und gleichzeitig Strategien entwickeln, um ihre Teams durch den Wandel zu führen und zu stärken.

  1. Förderung der emotionalen Intelligenz

Während KI-Systeme in der Lage sind, Daten zu analysieren und Muster zu erkennen, bleibt die emotionale Intelligenz eine Domäne des Menschen. Systemisches Coaching kann Führungskräften helfen, ihre emotionalen Kompetenzen zu stärken, um empathisch und authentisch auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter einzugehen. Dies ist besonders wichtig in Zeiten des Wandels, in denen Ängste und Unsicherheiten aufkommen können.

  1. Entwicklung einer klaren Vision

Die Integration von KI in Führungsprozesse erfordert eine klare Vision und Strategie. Systemisches Coaching unterstützt Führungskräfte dabei, eine solche Vision zu entwickeln und diese effektiv zu kommunizieren. Dies umfasst die Definition von Zielen, die Berücksichtigung der Unternehmenswerte und die Schaffung eines gemeinsamen Verständnisses für den Wandel.

Herausforderungen bei der Integration von KI

Die Einführung von KI in Unternehmen bringt verschiedene Herausforderungen mit sich, die systemisches Coaching adressieren kann:

  1. Ethische Fragestellungen

Die Nutzung von KI wirft ethische Fragen auf, beispielsweise hinsichtlich der Datensicherheit, der Entscheidungsfindung und der Auswirkungen auf die Arbeitsplätze. Systemisches Coaching kann Führungskräfte dabei unterstützen, ethische Prinzipien in den Vordergrund zu stellen und eine verantwortungsvolle Nutzung der Technologie zu gewährleisten.

 

  1. Veränderungsmanagement

Die Implementierung von KI erfordert ein umfassendes Veränderungsmanagement. Führungskräfte müssen in der Lage sein, ihre Teams durch diese Veränderungen zu führen und Widerstände zu überwinden. Systemisches Coaching bietet Werkzeuge und Methoden, um Veränderungsprozesse effektiv zu gestalten und die Mitarbeiter einzubinden.

 

  1. Kontinuierliches Lernen

Die rasante Entwicklung von KI-Technologien erfordert von den Akteuren ein kontinuierliches Lernen sowie eine hohe Anpassungsfähigkeit. Systemisches Coaching kann dazu beitragen, eine Lernkultur zu fördern, in der Führungskräfte und Mitarbeiter offen für neue Entwicklungen sind und sich regelmäßig weiterbilden.

Die Skalierung von KI: Der nächste entscheidende Schritt für Unternehmen

Nachdem Unternehmen erste Erfahrungen mit der Implementierung von KI-Technologien gesammelt haben, steht nun die Skalierung dieser Technologien im Mittelpunkt. Dies ist der nächste wesentliche Schritt, um nachhaltige Wettbewerbsvorteile zu erzielen und zukunftsfähig zu bleiben. Die Skalierung von KI erfordert ein strategisches Vorgehen in mehreren Dimensionen: Strategie & Organisation, Kultur & Change Management, Ressourcen & Prozesse, Daten sowie Technologie & Infrastruktur. Ein Reifegradmodell kann hierbei als wertvolles Werkzeug dienen, um den Fortschritt systematisch zu bewerten, Optimierungspotenziale zu identifizieren und gezielte Maßnahmen abzuleiten. Durch die Berücksichtigung aktueller Regulierungsinitiativen wie dem EU AI Act gewinnen diese Bemühungen zusätzlich an Bedeutung. Die erfolgreiche Skalierung von KI ermöglicht es Unternehmen, die vielfältigen Potenziale der Technologie voll auszuschöpfen und sich in einer zunehmend von KI geprägten Wirtschaftswelt zu behaupten. Systemisches Coaching kann Führungskräfte dabei unterstützen, diese komplexen Prozesse zu navigieren und ihre Organisationen auf die nächste Entwicklungsstufe zu heben. Tiefere Einblicke zum Thema Skalierung von KI im Unternehmen einschließlich eines Reifegradmodells finden sich in dieser Studie:

https://www.researchgate.net/publication/380529430_Skalierung_von_Kunstlicher_Intelligenz_-_Ein_empirisches_Reifegradmodell_und_Handlungsempfehlungen_fur_Unternehmen

 

KI-Tools im Coaching: Ein Schritt in die Zukunft für systemische Coaches

Coaches sollten jetzt ebenfalls beginnen, KI-Tools in ihre Praxis zu integrieren, um den Coaching-Prozess zu bereichern und zu verbessern. Diese Tools können dabei helfen, Muster in Daten zu erkennen, personalisierte Empfehlungen zu geben und administrative Aufgaben zu automatisieren. Indem Coaches selbst KI-Technologien nutzen, können sie eine Vorbildfunktion einnehmen und die Akzeptanz dieser Technologien bei ihren Klienten fördern. Zudem ermöglicht der Einsatz von KI eine effizientere Arbeitsweise, sodass mehr Zeit für die individuelle Betreuung der Klienten bleibt.

Systemische Coaches können generative KI-Tools auf vielfältige Weise in ihre Arbeit integrieren. Beispielsweise können Tools wie ChatGPT genutzt werden, um interaktive Szenarien und Rollenspiele zu erstellen, die reale Coaching-Situationen simulieren. Natural Language Processing (NLP)-Tools können dabei helfen, Stimmungsanalysen und Sentiment-Analysen durchzuführen, um tiefergehende Einblicke in die Emotionen und Bedürfnisse der Klienten zu gewinnen. Darüber hinaus können KI-gestützte Analysetools Muster in Verhaltensdaten erkennen, die Coaches dabei unterstützen, gezieltere und effektivere Interventionsstrategien zu entwickeln. Der Einsatz solcher Tools erhöht die Effizienz und Kreativität des Coachings und bietet neue, datenbasierte Ansätze für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung der Klienten. Impulse für die Nutzung von KI im Coaching finden sich auch in diesem Artikel:

https://www.researchgate.net/publication/366965356_Kunstliche_Intelligenz_im_Coaching_Wie_Coaches_Kunstliche_Intelligenz_erfolgreich_in_ihre_Praxis_einbinden_konnen

 

Fazit

Die Thematik „Künstliche Intelligenz und Führung“ eröffnet für systemische Coaches ein vielversprechendes neues Aufgabengebiet, das sowohl Herausforderungen als auch immense Chancen bietet. Führungskräfte müssen lernen, KI als Partner zu nutzen und ihre Rolle neu zu definieren. Systemisches Coaching kann hier dazu beitragen, Ängste zu überwinden, emotionale Intelligenz zu fördern und eine klare Vision für den Wandel zu entwickeln. Die Skalierung von KI stellt einen entscheidenden Schritt dar, der ein strategisches Vorgehen in verschiedenen Dimensionen erfordert. Systemische Coaches sollten selbst KI-Tools einsetzen, um Vorbild zu sein und ihre Effizienz zu steigern. Generative KI-Tools bieten innovative Ansätze zur Analyse und Unterstützung im Coaching-Prozess. Durch diese ganzheitliche Betrachtung können Coaches ihre Klienten bestmöglich auf die Zukunft vorbereiten und ihnen helfen, die vielfältigen Potenziale von KI effektiv zu nutzen.

ÜBER DEN AUTOR: Prof. Dr. Bernd Wallraff 

Professor für BWL, insb. Wirtschaftspsychologie sowie Senatsmitglied an der CBS International Business School, zudem Dozent in der Executive Education der Frankfurt School of Finance & Management. Der Schwerpunkt seiner Forschung liegt im Bereich „Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf Führung“. Als zertifizierter Coach und Organisationsentwickler berät er Führungskräfte in den Bereichen Innovationskultur, Agilität sowie digitale Führung und begleitet Strategie- und Veränderungsprozesse.

 

Was ist Coaching? Ein umfassender Leitfaden zur persönlichen und beruflichen Entwicklung

 

  1. Was ist Coaching?
  2. Definition von Coaching
  3. Unterschiede zwischen Coaching und Beratung
  4. Geschichte des Coachings
  5. Anlässe für Coaching
  6. Arten von Coaching
  7. Prinzipien des Coachings
  8. Methoden und Techniken im Coaching
  9. Der Coaching-Prozess
  10. Vorteile des Coachings
  11. Grenzen und Herausforderungen des Coachings
  12. Coachingverbände
  13. Coaching Ausbildung und Zertifizierung
  14. Fazit
  1. Was ist Coaching?

Coaching hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem wesentlichen Bestandteil der persönlichen und beruflichen Entwicklung etabliert. Es ist eine Methode, die Einzelpersonen und Organisationen dabei unterstützt, ihre Ziele zu erreichen, Herausforderungen zu bewältigen und Potenziale zu entfalten. In diesem Leitfaden möchten wir Ihnen einen umfassenden Überblick über das Thema Coaching geben. Wir beleuchten Definitionen, Unterschiede zur Beratung, historische Entwicklungen, verschiedene Coaching-Arten, grundlegende Prinzipien und Methoden sowie den gesamten Coaching-Prozess. Zudem werfen wir einen Blick auf die Vorteile, Grenzen und Herausforderungen des Coachings und stellen wichtige Coachingverbände und Ausbildungsmöglichkeiten vor.

  1. Definition von Coaching

Coaching ist ein interaktiver, personenzentrierter Prozess, der darauf abzielt, die Selbstwahrnehmung, Leistung und Lebensqualität von Einzelpersonen zu verbessern. Es ist eine partnerschaftliche Beziehung zwischen Coach und Klient, in der der Coach durch gezielte Fragestellungen, Feedback und Techniken den Klienten unterstützt, eigene Lösungen und Wege zu entwickeln. Coaching ist zukunfts- und lösungsorientiert und hilft Klienten, ihre Ziele klar zu definieren und konkrete Schritte zur Erreichung dieser Ziele zu planen und umzusetzen.

  1. Unterschiede zwischen Coaching und Beratung

Coaching und Beratung werden oft miteinander verwechselt, unterscheiden sich jedoch in mehreren wesentlichen Punkten. Während Beratung meist expertenorientiert ist und der Berater spezifische Ratschläge und Lösungen für ein Problem anbietet, ist Coaching ein prozessorientierter Ansatz, bei dem der Coach dem Klienten hilft, seine eigenen Lösungen zu finden. Beratung konzentriert sich häufig auf fachliche Inhalte und konkrete Problemlösungen, während Coaching stärker auf die Entwicklung von Fähigkeiten, Selbstreflexion und persönlichem Wachstum abzielt. Coaching ist zudem stärker auf die Zukunft und die Umsetzung von Veränderungen ausgerichtet, während Beratung oft eine Analyse der aktuellen Situation und vergangener Ereignisse beinhaltet.

  1. Geschichte des Coachings

Die Wurzeln des Coachings liegen im Sport, wo Trainer (Coaches) Athleten zu Höchstleistungen verhelfen. In den 1970er Jahren begann der Begriff „Coaching“ auch im geschäftlichen und persönlichen Bereich Fuß zu fassen. Die zunehmende Komplexität des Arbeitslebens und der wachsende Bedarf an individueller Unterstützung führten dazu, dass Coaching in den 1980er und 1990er Jahren an Bedeutung gewann. Es entwickelte sich zu einer eigenständigen Profession mit speziellen Ansätzen und Methoden, die auf psychologischen, pädagogischen und organisatorischen Erkenntnissen basieren. Heute ist Coaching ein etabliertes Feld mit verschiedenen Spezialisierungen und Anwendungsmöglichkeiten.

  1. Anlässe für Coaching

Coaching kann in verschiedenen Lebensbereichen und Situationen hilfreich sein. Typische Anlässe für Coaching sind:

  • Berufliche Weiterentwicklung: Unterstützung bei der Karriereplanung, beruflichen Neuorientierung oder dem Aufstieg in Führungspositionen.
  • Persönliche Entwicklung: Verbesserung der Selbstwahrnehmung, des Selbstmanagements und der sozialen Kompetenzen.
  • Leistungssteigerung: Optimierung der individuellen Leistungsfähigkeit und Effizienz, sowohl im beruflichen als auch im persönlichen Kontext.
  • Konfliktbewältigung: Hilfe bei der Lösung von Konflikten im beruflichen Umfeld oder im privaten Bereich.
  • Stressmanagement: Entwicklung von Strategien zur Stressbewältigung und Förderung der Work-Life-Balance.
  • Team- und Organisationsentwicklung: Verbesserung der Zusammenarbeit und Kommunikation innerhalb von Teams und Organisationen.
  1. Arten von Coaching

Es gibt zahlreiche Coaching-Arten, die sich auf unterschiedliche Zielgruppen und Themenbereiche spezialisieren. Zu den wichtigsten Coaching-Arten gehören:

  • Life Coaching: Fokus auf persönliche Ziele und Lebensqualität.
  • Business Coaching: Unterstützung von Fach- und Führungskräften sowie Unternehmen bei beruflichen Herausforderungen.
  • Karriere Coaching: Hilfe bei der beruflichen Neuorientierung, Karriereplanung und Entwicklung von Schlüsselkompetenzen.
  • Executive Coaching: Speziell auf die Bedürfnisse von Führungskräften und Top-Executives zugeschnitten.
  • Team Coaching: Verbesserung der Zusammenarbeit und Kommunikation innerhalb von Teams.
  1. Prinzipien des Coachings

Coaching basiert auf verschiedenen grundlegenden Prinzipien, die den Coaching-Prozess und die Beziehung zwischen Coach und Klient prägen:

  • Ressourcenorientierung: Der Fokus liegt auf den Stärken und Ressourcen des Klienten, nicht auf seinen Schwächen oder Defiziten.
  • Lösungsorientierung: Coaching ist darauf ausgerichtet, Lösungen und Wege zur Zielerreichung zu finden, anstatt Probleme ausführlich zu analysieren.
  • Selbstverantwortung: Der Klient trägt die Verantwortung für seine Entscheidungen und Handlungen; der Coach unterstützt und begleitet ihn dabei.
  • Ganzheitlichkeit: Coaching betrachtet den Klienten als Ganzes und berücksichtigt verschiedene Lebensbereiche und Zusammenhänge.
  • Vertraulichkeit: Alle Informationen, die im Coaching-Prozess ausgetauscht werden, sind vertraulich und werden nicht an Dritte weitergegeben.
  • Zielorientierung: Klare, spezifische und realistische Ziele sind entscheidend für den Erfolg des Coachings.
  1. Methoden und Techniken im Coaching

Im Coaching kommen verschiedene Methoden und Techniken zum Einsatz, die je nach Zielsetzung und Klientensituation variieren können. Zu den häufigsten Techniken gehören:

  • Fragetechniken: Durch gezielte Fragen hilft der Coach dem Klienten, Klarheit über seine Ziele, Werte und Motivationen zu gewinnen.
  • Aktives Zuhören: Der Coach hört aufmerksam zu, um die Anliegen und Perspektiven des Klienten vollständig zu verstehen.
  • Feedback: Der Coach gibt konstruktives Feedback, das dem Klienten hilft, sich selbst besser wahrzunehmen und zu reflektieren.
  • Visualisierung: Der Klient wird ermutigt, sich seine Ziele und gewünschten Ergebnisse bildlich vorzustellen, um Motivation und Klarheit zu steigern.
  • Ressourcenarbeit: Der Coach unterstützt den Klienten dabei, seine eigenen Stärken und Ressourcen zu erkennen und zu nutzen.
  • Zielsetzungstechniken: Gemeinsam werden klare, messbare und realistische Ziele definiert und Aktionspläne entwickelt.
  • Reflexionsübungen: Der Klient wird angeleitet, über seine Erfahrungen, Entscheidungen und Verhaltensweisen nachzudenken und daraus zu lernen.
  1. Der Coaching-Prozess

Der Coaching-Prozess besteht aus mehreren Phasen, die systematisch durchlaufen werden, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen:

  • Zielsetzung

Zu Beginn des Coachings werden gemeinsam mit dem Klienten die Ziele definiert. Diese Zielsetzung bildet die Grundlage für den gesamten Coaching-Prozess und gibt die Richtung vor. Klare, spezifische und realistische Ziele sind entscheidend für den Erfolg des Coachings.

  • Analyse und Bewertung

In dieser Phase wird die aktuelle Situation des Klienten analysiert. Der Coach verwendet verschiedene Methoden, um die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken zu bewerten. Diese Analyse hilft, ein umfassendes Bild der Ausgangssituation zu bekommen und die weiteren Schritte gezielt zu planen.

  • Aktionsplanung

Basierend auf der Analyse werden konkrete Maßnahmen und Strategien entwickelt, um die definierten Ziele zu erreichen. Der Coach unterstützt den Klienten dabei, einen realistischen und umsetzbaren Aktionsplan zu erstellen. Diese Planung umfasst sowohl kurzfristige als auch langfristige Maßnahmen.

  • Umsetzung und Monitoring

In der Umsetzungsphase werden die geplanten Maßnahmen in die Praxis umgesetzt. Der Coach begleitet den Klienten dabei und überprüft regelmäßig den Fortschritt. Bei Bedarf werden Anpassungen vorgenommen, um sicherzustellen, dass die Ziele erreicht werden. Das Monitoring ist ein kontinuierlicher Prozess, der den Erfolg des Coachings sicherstellt.

  1. Vorteile von Coaching

Coaching bietet zahlreiche Vorteile, darunter:

  • Erhöhung der Selbstreflexion: Coaching fördert die Selbstwahrnehmung und hilft, blinde Flecken zu identifizieren.
  • Verbesserung der Leistungsfähigkeit: Durch gezielte Unterstützung können persönliche und berufliche Leistungen gesteigert werden.
  • Stärkung der Resilienz: Coaching hilft, besser mit Stress und Herausforderungen umzugehen.
  • Förderung der persönlichen Entwicklung: Individuelle Stärken und Potenziale werden erkannt und gefördert.
  • Bessere Entscheidungsfindung: Coaching unterstützt dabei, klarere und fundiertere Entscheidungen zu treffen.
  • Steigerung der Motivation und Zufriedenheit: Durch das Erreichen von Zielen und die Entwicklung neuer Fähigkeiten wird die Motivation und Zufriedenheit gesteigert.
  1. Grenzen und Herausforderungen im Coaching

Obwohl Coaching viele Vorteile bietet, gibt es auch Grenzen und Herausforderungen:

  • Ethische Grenzen: Coaches müssen die Grenzen ihrer Kompetenzen erkennen und respektieren. Bei schwerwiegenden psychischen Problemen sollte beispielsweise ein Therapeut hinzugezogen werden.
  • Motivation des Klienten: Coaching kann nur dann erfolgreich sein, wenn der Klient motiviert und bereit ist, aktiv an seiner Entwicklung zu arbeiten.
  • Realistische Erwartungen: Klienten müssen realistische Erwartungen an den Coaching-Prozess haben und verstehen, dass Veränderungen Zeit und kontinuierliche Anstrengung erfordern.
  • Abhängigkeit: Ein Ziel des Coachings ist es, die Selbstständigkeit des Klienten zu fördern. Es gilt zu vermeiden, dass der Klient eine Abhängigkeit vom Coach entwickelt.
  • Vertrauen und Beziehung: Der Erfolg des Coachings hängt stark von der Qualität der Beziehung zwischen Coach und Klient ab. Ein hohes Maß an Vertrauen und Offenheit ist entscheidend.
  1. Coachingverbände

Es gibt verschiedene Coachingverbände, die Standards und Richtlinien für die Coaching-Praxis setzen und die Professionalisierung des Coachings vorantreiben. Zu den bekanntesten Verbänden gehören der Deutsche Verband für Coaching und Training (dvct), der Deutsche Bundesverband Coaching e.V. (dbvc), die European Coaching Association (ECA) und der Qualitätsring Coaching und Beratung (QRC).

Deutscher Verband für Coaching und Training (dvct)

Der dvct setzt hohe Qualitätsstandards in der Coaching-Praxis und bietet:

  • Zertifizierung: Anerkannte Verfahren für Coaches und Trainer.
  • Weiterbildung: Regelmäßige Seminare und Workshops.
  • Netzwerk: Regionale Treffen und jährliche Kongresse.
  • Qualitätssicherung: Einhaltung ethischer Standards.

Deutscher Bundesverband Coaching e.V. (dbvc)

Der dbvc fokussiert auf Business Coaching und bietet:

  • Zertifizierung und Akkreditierung: Strenge Verfahren für Coaches und Ausbildungsinstitute.
  • Forschung und Entwicklung: Förderung wissenschaftlicher Studien.
  • Weiterbildung: Fachtagungen und Workshops.
  • Netzwerk: Austauschmöglichkeiten für Coaches und Unternehmen.

European Coaching Association (ECA)

Die ECA vertritt Coaches in Europa und bietet:

  • Zertifizierung: Mehrstufiges Programm basierend auf Kompetenzen.
  • Ethik und Standards: Umfassender Ethikkodex.
  • Weiterbildung: Seminare und Konferenzen.
  • Vernetzung: Internationaler Austausch.

Qualitätsring Coaching und Beratung (QRC)

Der QRC fördert Qualität und Professionalität im Coaching und bietet:

  • Zertifizierung: Umfassende Verfahren zur Sicherstellung der Kompetenz.
  • Qualitätsstandards: Detaillierte Richtlinien für die Praxis.
  • Weiterbildung: Regelmäßige Fortbildungsveranstaltungen.
  • Netzwerk: Plattformen für Austausch und Wissenstransfer.

Diese Verbände tragen maßgeblich zur Sicherstellung der Qualität und Professionalität im Coaching bei und stärken das Vertrauen der Klienten in die Coaching-Praxis.

  1. Coaching Ausbildung und Zertifizierung

Die Bedeutung einer zertifizierten Coaching-Ausbildung

Eine zertifizierte Coaching-Ausbildung ist entscheidend für die Qualität und Professionalität eines Coaches. Hier sind die wichtigsten Gründe, warum eine solche Ausbildung von großer Bedeutung ist:

  • Qualität und Professionalität

Eine zertifizierte Ausbildung garantiert, dass der Coach umfassend und nach anerkannten Standards geschult wird. Dies umfasst essentielle Themen wie Coaching-Methoden, Kommunikationstechniken, psychologische Grundlagen und ethische Standards, wodurch der Coach professionelle und effektive Dienstleistungen anbieten kann.

  • Glaubwürdigkeit und Vertrauen

Eine Zertifizierung von einer anerkannten Institution oder einem renommierten Verband (z.B. dvct, dbvc, ECA oder QRC) verleiht dem Coach Glaubwürdigkeit und stärkt das Vertrauen der Klienten. Klienten bevorzugen zertifizierte Coaches, da sie sicher sein können, dass diese eine fundierte Ausbildung absolviert haben.

  • Ethik und Standards

Zertifizierte Programme legen großen Wert auf ethische Richtlinien und Standards, die sicherstellen, dass Coaches ihre Arbeit nach höchsten ethischen Prinzipien ausüben und die Vertraulichkeit der Klienten wahren. Dies ist entscheidend für eine vertrauensvolle Coaching-Beziehung.

  • Kontinuierliche Weiterbildung

Viele Zertifizierungsprogramme erfordern regelmäßige Weiterbildungen, um die Zertifizierung aufrechtzuerhalten. Dies fördert eine Kultur des lebenslangen Lernens und stellt sicher, dass Coaches stets über die neuesten Entwicklungen und Methoden im Coaching informiert sind.

  • Netzwerk und Gemeinschaft

Zertifizierte Coaches haben Zugang zu Netzwerken und Gemeinschaften von Fachleuten, die wertvolle Ressourcen und Unterstützung bieten. Durch die Mitgliedschaft in Coaching-Verbänden und die Teilnahme an Fachveranstaltungen können Coaches von den Erfahrungen und dem Wissen anderer profitieren.

  • Marktwert und Karrierechancen

Eine zertifizierte Coaching-Ausbildung erhöht den Marktwert und die Karrierechancen eines Coaches erheblich. Arbeitgeber und Klienten bevorzugen zertifizierte Coaches, was neue berufliche Möglichkeiten eröffnen kann, sei es in der selbstständigen Praxis, in Unternehmen oder in Beratungsfirmen.

=> Eine zertifizierte Coaching-Ausbildung ist wesentlich für die Sicherstellung von Qualität und Professionalität im Coaching. Sie stärkt die Glaubwürdigkeit des Coaches, fördert ethisches Verhalten und kontinuierliche Weiterbildung und eröffnet neue berufliche Möglichkeiten. Durch die Teilnahme an einer zertifizierten Ausbildung können Coaches ihre Fähigkeiten verbessern und das Vertrauen ihrer Klienten gewinnen.

  1. Fazit

Coaching ist ein wertvolles Instrument zur persönlichen und beruflichen Entwicklung. Es bietet individuelle Unterstützung, fördert die Selbstreflexion und hilft, Ziele zu erreichen. Eine qualitativ hochwertige Ausbildung stellt sicher, dass Coaches gut vorbereitet und kompetent sind. Systemisch fundierte Ansätze, tragen dazu bei, dass Coaching noch effektiver und zielgerichteter wird.

Coaching ist eine Investition in die Zukunft – sowohl für Einzelpersonen als auch für Unternehmen. Es ermöglicht, das volle Potenzial auszuschöpfen und nachhaltig erfolgreich zu sein

 

Woran erkenne ich eine seriöse Coaching Ausbildung?

Qualität und Seriosität der Coaching Ausbildung sind entscheidend für den Erfolg eines jeden angehenden Coaches.

Der Begriff „Coach“ ist, genauso wie der Begriff „Trainer“, nicht gesetzlich geschützt, auch in Deutschland nicht. Somit ist die Coaching-Ausbildung nicht zentral geregelt. Coaching-Verbände bemühen sich Standards einzuführen.

Sie empfehlen zwischen 150 und 200 Stunden in eine Coaching-Ausbildung zu investieren. Stiftung Warentest hat sich in einem Kriterienkatalog sogar für 250 Stunden ausgesprochen.

Gut zu wissen: Coaches wollen zu über 80 % den Begriff „𝗖𝗼𝗮𝗰𝗵“ 𝘀𝘁𝗮𝗮𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗮𝗻𝗲𝗿𝗸𝗮𝗻𝗻𝘁 sehen!

Dazu gibt es eine Coaching-Marktanalyse 2024 der Christopher Rauen GmbH.
Hier finden Sie das Zwischenergebnis der Marktanalyse – die Datenerhebung läuft noch! Gerne beteiligen und weitersagen.

Die Fragen in diesem Blogartikel lauten nun:

➜ Wie können Sie die Spreu vom Weizen trennen?

➜ Wie erkennen Sie also eine seriöse Coachingausbildung?

 

Hier sind 7 Schlüsselindikatoren, die Ihnen helfen, eine fundierte Entscheidung für eine Coachingausbildung zu treffen:

 

1. Zertifizierung und Anerkennung

Ein entscheidendes Merkmal einer seriösen Coachingausbildung ist die Zertifizierung durch anerkannte Coaching-Verbände, wie den Deutschen Verband für Coaching & Training (dvct e.V.), den Deutschen Bundesverband Coaching (DBVC) oder ähnliche Organisationen. Diese Zertifizierungen garantieren, dass das Programm bestimmte Qualitätsstandards erfüllt und anerkannt ist. Darauf zu achten ist, dass die Ausbildung nicht nur von der Institution selbst zertifiziert ist, sondern dass sie auch externe Anerkennungen und Akkreditierungen vorweisen kann.

2. Erfahrene Dozenten & Lehrtrainer:innen

Die Qualität einer Coachingausbildung hängt maßgeblich von der Expertise und Erfahrung der Dozenten & Dozentinnen ab. Seriöse Institute legen Wert darauf, dass ihre Trainer:innen nicht nur über fundiertes theoretisches Wissen verfügen, sondern auch über langjährige praktische Erfahrung im Coachingbereich. Ein Blick auf den beruflichen Hintergrund der Lehrenden kann Aufschluss über deren Expertise geben.

 

3. Umfassendes Curriculum

Ein seriöses Coachinginstitut sollte transparent über die Inhalte, Methoden und Ziele seiner Ausbildungsprogramme informieren. Ein umfassendes Curriculum, das sowohl theoretische Grundlagen als auch praktische Anwendungsmöglichkeiten abdeckt, ist essenziell.

Es sollte eine breite Palette von Themen behandeln: Von Coaching-Methoden und -Techniken bis hin zu ethischen Richtlinien und Selbstreflexion. Ein gut strukturierter Lehrplan, der auf die Entwicklung von Coaching-Kompetenzen abzielt, sowie der zu erwarteten Lernergebnisse, zeugt von der Seriosität des Programms. Suchen Sie nach Ausbildungen, die eine ausgewogene Mischung aus Theorie und Praxis bieten, einschließlich praktischer Coaching-Übungen, Supervisionen und Peer-Feedback.

4. Hoher Praxisanteil

Die Möglichkeit, während der Ausbildung praktische Erfahrungen zu sammeln, ist von unschätzbarem Wert. Seriöse Coachingausbildungen bieten Coaching-Übungen mit echten Klient:innen an. Diese praktischen Erfahrungen sind entscheidend für die Entwicklung effektiver Coaching-Fähigkeiten.

5. Transparenz und Support

Eine offene Kommunikation über Kursinhalte, Kosten, Zeitrahmen und erwartete Ergebnisse ist ein weiteres sehr gutes Zeichen. Zusätzlich sollten angehende Coaches während und nach der Ausbildung Unterstützung erhalten, sei es durch Netzwerkveranstaltungen oder Weiterbildungsmöglichkeiten.

6. Ethik und Professionalität

Eine seriöse Coachingausbildung vermittelt nicht nur Fachwissen und Methodik, sondern legt auch großen Wert auf ethische Grundsätze und professionelles Verhalten im Coaching. Achten Sie darauf, dass das Programm Ethikrichtlinien behandelt und fördert, die den Standards führender Coaching-Verbände entsprechen.

7. Positive Bewertungen und Erfolgsgeschichten

Erfahrungsberichte ehemaliger Teilnehmender und deren Erfolgsgeschichten können wertvolle Einblicke in die Qualität und Wirksamkeit der Ausbildung bieten. Seriöse Institute sind stolz darauf, die Erfolge ihrer Absolvent:innen zu teilen und fördern eine transparente Bewertungskultur. Zögern Sie nicht, direkt Kontakt mit ehemaligen Teilnehmer:innen aufzunehmen, um aus erster Hand Informationen zu erhalten.

Fazit

Die Entscheidung für eine Coachingausbildung sollte wohlüberlegt sein. Indem Sie auf die oben genannten Kriterien achten, können Sie die Wahrscheinlichkeit erhöhen, eine Ausbildung zu wählen, die seriös ist und Ihnen hilft, Ihre Ziele als Coach zu erreichen. Nehmen Sie sich die Zeit, gründlich zu recherchieren und verschiedene Optionen zu vergleichen, um die beste Entscheidung für Ihre berufliche Zukunft zu treffen.

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Sollten Sie mehr über uns, unser Institut und unsere Ausbildungen wissen wollen, können Sie sich hier schon einmal einen ersten Überblick verschaffen.

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Die konstruierte Realität: Zentrale Prinzipien des systemischen Denkens

Das systemische Denken bietet einen neuen Blickwinkel auf komplexe Probleme und Situationen. Die zentralen Prinzipien dieses Ansatzes helfen dabei, die Welt um uns herum besser zu verstehen und effektiver darauf zu reagieren. Im Folgenden werden diese Prinzipien näher erläutert:

1. Fokus auf Relationen: Anstatt isolierte Eigenschaften zu betrachten, richtet das systemische Denken den Blick auf die Beziehungen zwischen den Elementen eines Systems. Es legt Wert darauf, die Interaktionen und Kommunikationsmuster zwischen den Akteuren zu verstehen, da diese entscheidend für das Verhalten und die Dynamik des Systems sind. Das Verhalten wird daher immer im Kontext betrachtet.

Beispiel: In einem Unternehmen kann das systemische Denken helfen, die zwischenmenschlichen Beziehungen und Kommunikationsmuster innerhalb eines Teams zu verstehen. Anstatt sich ausschließlich auf die individuellen Eigenschaften der Mitarbeiter zu konzentrieren, werden die Wechselwirkungen und Beziehungen zwischen ihnen analysiert. Dies ermöglicht es, Konflikte und Missverständnisse besser zu erkennen und gezieltere Maßnahmen zur Verbesserung des Teamklimas zu ergreifen.

2. Wirklichkeit als Konstrukt: Gemäß dem Prinzip von Maturana wird betont, dass die Wirklichkeit durch die individuelle Beobachtung konstruiert wird. Jeder Beobachter hat seine eigene Logik und Interpretation der Realität, was zu einer Vielfalt von Perspektiven führt. Dies unterstreicht die subjektive Natur der Wahrnehmung und eröffnet Möglichkeiten für verschiedene Interpretationen derselben Situation.

Beispiel: Wenn verschiedene Abteilungen in einem Unternehmen eine neue Geschäftsstrategie betrachten, kann das systemische Denken dazu beitragen, die unterschiedlichen Perspektiven und Interpretationen dieser Strategie zu verstehen. Jede Abteilung hat ihre eigene Logik und Prioritäten, die ihre Wahrnehmung der Situation beeinflussen. Durch die Anerkennung dieser Vielfalt von Perspektiven können Konflikte vermieden und die Akzeptanz der Strategie verbessert werden.

3. Nicht-steuerbare lebende Systeme: Systeme folgen ihrer eigenen inneren Logik und reagieren auf ihre Umgebung auf ihre eigene Weise. Das bedeutet, dass lebende Systeme nicht vollständig kontrolliert werden können. Sie haben ihre Autonomie und treffen Entscheidungen basierend auf ihrer internen Dynamik und den äußeren Einflüssen, die auf sie wirken.

Beispiel: In einem ökologischen System kann das systemische Denken helfen zu verstehen, wie verschiedene Arten miteinander interagieren und wie sich Veränderungen in der Umwelt auf das gesamte Ökosystem auswirken. Selbst wenn der Mensch versucht, bestimmte Arten zu kontrollieren oder zu manipulieren, können unerwartete Auswirkungen auftreten, da das System seine eigene Logik und Dynamik besitzt. Ein systemischer Ansatz ermutigt daher dazu, das Ökosystem als Ganzes zu betrachten und die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Elementen zu berücksichtigen.

=> Diese Prinzipien stellen einen Paradigmenwechsel dar, der einen Abschied von traditionellen Vorstellungen von Objektivität, Kausalität und Kontrolle bedeutet. Sie fordern uns heraus, unsere Sichtweise zu erweitern und uns der Komplexität und Vielfalt in der Welt bewusst zu werden. Indem wir diese Prinzipien in unserem Denken und Handeln berücksichtigen, können wir effektivere Strategien zur Bewältigung komplexer Probleme entwickeln und eine nachhaltige Veränderung auf individueller und gesellschaftlicher Ebene fördern.

 

 

Konflikte als Chance: Ein Wegweiser durch das Konfliktmanagement plus 5 Möglichkeiten der Konfliktbewältigung in Unternehmen

Konflikte sind ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Miteinanders.

Ob im Berufsleben, in der Partnerschaft oder im Alltag – überall, wo Menschen aufeinandertreffen, kann es zu Meinungsverschiedenheiten und Interessenkonflikten kommen.

Während viele den Begriff Konflikt negativ assoziieren, birgt er auch eine große Chance für persönliches Wachstum und die Entwicklung stärkerer Beziehungen.

Im Mittelpunkt des Konfliktmanagements steht die Idee, Konflikte nicht als unüberwindbare Hindernisse zu sehen, sondern als Chance, die Kommunikation zu verbessern, das Team zu stärken und das gegenseitige Verständnis zu fördern.

 

Die Entstehung von Konflikten verstehen

Konflikte entstehen, wenn Bedürfnisse, Wünsche oder Werte von Einzelpersonen oder Gruppen aufeinanderprallen. Dies kann zu Missverständnissen, Frustration und manchmal zu offenem Widerstand führen. Es ist wichtig zu erkennen, dass Konflikte nicht immer offensichtlich sind. Sie können unter der Oberfläche schwelen und unbehandelt zu einem Flächenbrand führen. Wie Friedrich Glasl bemerkte: „Konflikte sind oft wie Eisberge – nur ein kleiner Teil ist sichtbar, während der Großteil unter der Oberfläche verborgen bleibt.“ Daher ist es essenziell, Konflikte frühzeitig zu erkennen und angemessen zu adressieren.

 

Strategien des Konfliktmanagements

Effektives Konfliktmanagement erfordert das Verständnis verschiedener Strategien und die Fähigkeit, die für die jeweilige Situation am besten geeignete Methode auszuwählen.

 

Die häufigsten Strategien sind:

Vermeidung: Manchmal kann es sinnvoll sein, einem Konflikt aus dem Weg zu gehen, vor allem wenn es sich um Nebensächlichkeiten handelt oder wenn man Zeit braucht, um die Wogen zu glätten.

Anpassung: In Situationen, in denen die Beziehung wichtiger ist als der Konfliktgegenstand, kann Nachgeben eine effektive Lösung sein.

Kompromiss: Ein gegenseitiges Zugeständnis, bei dem beide Parteien etwas aufgeben, um zu einer akzeptablen Lösung zu gelangen.

Kooperation: Dieser Ansatz sucht nach einer Win-Win-Lösung, bei der die Bedürfnisse und Interessen aller Beteiligten berücksichtigt werden.

Konfrontation: Manchmal ist es notwendig, sich einem Konflikt direkt zu stellen, um eine langfristige Lösung zu finden, insbesondere wenn wichtige Prinzipien oder Werte auf dem Spiel stehen.

 

💡 Kommunikation ist das Herzstück der Konfliktbearbeitung.

Eine offene, ehrliche und respektvolle Kommunikation kann Missverständnisse ausräumen und zur Klärung von Differenzen beitragen. Aktives Zuhören, Einfühlungsvermögen und der Wille, die Perspektive des anderen zu verstehen, sind für den Erfolg entscheidend.

 

Konfliktmanagement in der Praxis

Hier 5 Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung:

Mediation:

Mediation ist ein strukturiertes, freiwilliges Konfliktlösungsverfahren, bei dem eine neutrale dritte Person, der Mediator, den Parteien hilft, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Der Mediator fördert die Kommunikation zwischen den Parteien, hilft ihnen, ihre jeweiligen Bedürfnisse und Interessen zu verstehen und unterstützt sie dabei, eigene Lösungen für ihren Konflikt zu entwickeln. Es gibt kein Schuldprinzip, die Bewertung vergangener Handlungen tritt in den Hintergrund.

Moderation:

Im Coaching bezieht sich Moderation auf den Prozess, in dem ein Coach oder Moderator Gruppendiskussionen oder Aktivitäten leitet, um bestimmte Ziele oder Ergebnisse zu erreichen. Im Gegensatz zur Mediation, bei der die Konfliktlösung im Vordergrund steht, konzentriert sich die Moderation auf die Strukturierung und Steuerung von Gruppenprozessen, um eine effektive Kommunikation, Ideenfindung, Problemlösung oder Entscheidungsfindung zu fördern.

Der Moderator im Coaching fungiert als neutraler Vermittler, der Techniken einsetzt, um sicherzustellen, dass alle Teilnehmer gehört werden, die Diskussion auf Kurs bleibt und die Gruppe konstruktiv zusammenarbeitet.

Konfliktmanagement – Supervision:

Der Supervisor fungiert als neutraler, außenstehender Berater, der den Supervisanden hilft, die Ursachen von Konflikten zu erkennen, eigene Verhaltensmuster und die der anderen Beteiligten zu reflektieren und neue Perspektiven und Handlungsoptionen zu entwickeln. Ziel ist es, die Kommunikation und Kooperation zu verbessern, die Lösungskompetenz der Beteiligten zu stärken und eine nachhaltige Konfliktbewältigung zu erreichen.

Coaching:

Konflikt-Coaching ist ein personalisierter Ansatz, der es Einzelpersonen ermöglicht, ihre Fähigkeiten im Umgang mit Konflikten zu verbessern. Dabei arbeitet ein Coach direkt mit einer Person (dem Coachee) zusammen, um Konflikte im beruflichen oder privaten Umfeld besser zu verstehen, zu bewältigen und zu lösen. Der Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Kompetenzen, die es dem Coachee ermöglichen, effektiver zu kommunizieren, Perspektiven zu wechseln, Verständnis für die Positionen anderer zu entwickeln und konstruktive Lösungen für Konfliktsituationen zu finden.

Teambildung:

Teambuilding bezeichnet eine Reihe von Aktivitäten und Prozessen, die darauf abzielen, die Zusammenarbeit und die Beziehungen innerhalb einer Gruppe zu stärken. Ziel ist es, Vertrauen, Kommunikation und Kooperation zwischen den Teammitgliedern zu fördern, um die Effektivität des Teams insgesamt zu steigern. Teambuilding kann verschiedene Formen annehmen, von strukturierten Workshops bis hin zu spielerischen Übungen, in denen die Teilnehmer lernen, wie man am besten mit Konfliktsituationen umgeht.

 

Fazit:

Insgesamt sind Konflikte nicht per se etwas Negatives. Sie bieten die Chance, Verständnis und Zusammenarbeit zu vertiefen. Wie Helen Keller sagte: „Ein Konflikt ist wie ein Feuer – es kann zerstören, aber auch reinigen und stärken.“ Durch effektives Konfliktmanagement können Menschen und Organisationen lernen, Konflikte als Chance zur Weiterentwicklung zu nutzen und eine Kultur der Offenheit, des Respekts und der kontinuierlichen Verbesserung zu fördern.

New Leadership – Was ist eigentlich das Neue daran?

Empowered, führungslos, selbstorganisiert – Wie auch immer ihr es nennen möchtet. Vielen Führungskräften, deren Unternehmen auf den Agilitäts- oder New-Work-Zug aufspringen, zittern die Knie. Wird ihre Position etwa überflüssig? Wie definiert sich die Rolle der Führungskräfte, wenn die Verantwortung nun an die Mitarbeitenden übertragen wird.

Die große Unsicherheit

Das Thema Führung ist schon spannend. Viele Verantwortliche fragen sich, wie sie die Verantwortungsübernahme der Mitarbeitenden stärken können.

So auch der Bereichsleiter eines Maschinenbau-Unternehmens, mit dem ich kürzlich gesprochen habe. Er erkennt genau, dass sein Bereich der Dynamik der Märkte und den Anforderungen seiner Kunden nur gerecht werden kann, wenn seine Mitarbeitenden flexibel und eigenverantwortlich agieren.

Gleichzeitig steht er ratlos vor der Frage, wie genau er das erreichen kann. „Wir stecken in unserer eigenen Komplexität fest.“ „Wir fühlen uns wie die Maus vor der Mausefalle.“ – so einige seiner Aussagen.

Den Mitarbeitenden geht es nicht anders. Die Vielfalt der möglichen Führungsrollen, die sie einnehmen könnten, ist beeindruckend. Unternehmen sprechen heute von Scrum Mastern, Product Ownern, Agile Coaches, Agility Master, Chapter Leads etc.

Wen wundert es, dass in vielen Unternehmen eine Rollenkonfusion entsteht, insbesondere im Transformationsprozess vom alten zum neuen Führungsverständnis.

Viele Unternehmen stolpern geradezu in solche Transformationsprozesse. Der Ruf nach Verantwortungsübernahme, Selbstorganisation und Selbstführung der Mitarbeitenden wird verwechselt mit dem Alleinlassen der Mitarbeitenden. Was bleibt, ist eine große Unsicherheit. Die Unternehmen bieten den Menschen häufig keine große Unterstützung, um mit dieser Unsicherheit umzugehen.

Wie können wir allen Beteiligten mehr Sicherheit dabei geben, mutige Schritte in Richtung einer Verantwortungskultur zu gehen? Lasst uns zuerst einen Blick darauf verwerfen, wie sich Führung verändert.

 

Führung neu gedacht

Führung wurde in den Organisationen häufig als positionsbezogenes Konzept verstanden und gelebt. Ausgestattet mit formaler Macht durch eine Position, sei es die des Geschäftsführers, Bereichsleiters, Abteilungsleiters, Teamleiters oder Projektleiters, war das Management in der Lage, Führung auszuüben. Führung als sozialer Beeinflussungsprozess wurde so trivialisiert und an formale Macht gekoppelt. Ich selbst verstehe das eher als Steuerung statt Führung.

Es ist offensichtlich, dass zentralistische Führungskonzepte den Ansprüchen der heutigen Zeit nicht mehr genügen können. Führungskräfte werden häufig zum Engpass, da die Komplexität und Dynamik des wirtschaftlichen Geschehens immer häufigere Entscheidungen in immer kürzerer Zeit verlangen.

Zeit also für ein neues Verständnis von Führung. Einer Führung, die nicht an formal-hierarchische Führungspositionen geknüpft ist, sondern von den Mitarbeitenden selbst übernommen wird. Führung wandelt sich heute von einem positionsbezogenem zu einem personen- bzw. rollenbezogenen Konzept.

Der neue Führungsdreiklang

Der Schlüsselbegriff heißt Shared Leadership, also geteilte Führung. Führung ist nicht länger nur auf eine Person, die Führungskraft konzentriert. Stattdessen kann jeder im Team Führung übernehmen, themenbezogen und im Sinne der gemeinsamen Team- oder Organisationsziele. Geteilte Führung ist ein dynamischer und interaktiver Beeinflussungsprozess, der nur stattfindet, wenn der Führungshandelnde mit seinen Führungsimpulsen auf Resonanz stößt. Konzepte zur rollenbezogenen Verteilung der Führungsaufgaben unterstützen die Akzeptanz der jeweils führenden Person.

Verschiedene Frameworks bzw. Organisationsdesigns, wie beispielsweise Scrum, das Spotify Modell, die Kreisorganisation, soziokratische Ansätze wie Holacracy – oder das in Deutschland entstandene Pendant des kollegial geführten Unternehmens – nutzen Rollenkonzepte, um verteilte Führung auf der Ebene der Mitarbeitenden zu institutionalisieren. Häufig werden dabei drei Formen der Führung unterschieden, die auf die Mitarbeitenden verteilt werden: die fachliche Führung, die prozessuale bzw. teamorientierte Führung und die operative Führung.

Die Rolle der fachlichen Führung hat zur Aufgabe, dem Team fachliche Orientierung im Sinne von Zielen und Anforderungen zu geben. Die Rolle der prozessualen bzw. teamorientierten Führung ist dafür verantwortlich, dass das Team Rahmenbedingungen hat, um effizient und erfolgreich arbeiten zu können. Dazu gehören Aufgaben wie Teambildung, Moderation von Meetings, Coaching und die Beseitigung von Hindernissen, die das gemeinschaftliche Ziel gefährden könnten. Die operative Führung im Sinne der operativen Steuerung der Aufgabenbearbeitung übernehmen die mit diesen Tätigkeiten betrauten Mitarbeitenden selbst. Dabei nutzen sie häufig agile Methoden, wie beispielsweise Stand-Up Meetings zur Abstimmung und Kanban-Boards zur visuellen Darstellung und Verfolgung des Arbeitsstandes.

Die Führungsaufgaben aus dem beschriebenen Führungsdreiklang der fachlichen, prozessualen und operativen Führung können durch drei Rollen unter den Mitarbeitenden verteilt werden.

Wie sieht es nun mit der disziplinarischen, formal-hierarchischen Führung aus? In selbstorganisierten Kontexten wird häufig über flache Hierarchien gesprochen. Der Verzicht auf formale Hierarchien ist jedoch eher selten. In den meisten Organisationsdesigns gibt es durchaus formale Führungskräfte, jedoch mit einem völlig anderen Selbstverständnis.

Diese Führungskräfte sehen sich verantwortlich dafür, ihre Mitarbeitenden zu entwickeln und sie zur Verantwortungsübernahme, Selbstorganisation und Selbstführung im Sinne des beschriebenen Führungsdreiklangs zu befähigen. Sie schaffen den Rahmen für eine dynamische Steuerung des Unternehmens, sorgen für einen transparenten Umgang mit Informationen und unterstützen die Kommunikation und Vernetzung der Mitarbeitenden.

Unternehmen mit einem solchen Führungsverständnis haben einen Paradigmenwechsel vollzogen, von Fremdsteuerung zur Selbststeuerung, von Fremdverpflichtung zur Selbstverpflichtung und von Fremdkontrolle zur Selbstkontrolle. Sie haben verstanden, dass man zwar Aufgaben im Push-Verfahren zuteilen kann, wenn es sein muss mit formaler Macht. Verantwortungsübernahme verweigert sich jedoch diesem Push-Prinzip. Verantwortung können sich Mitarbeiter nur selbst nehmen, sofern sie den Rahmen und das Angebot dazu erhalten.

Die Herausforderungen der Transformation

Was sagte noch mal der Bereichsleiter? „Wir stecken fest.“ Damit drückt er eine Ratlosigkeit aus, die ich sehr gut nachvollziehen kann. Denn er ahnt die Tragweite der Veränderung, die er sich wünscht. Es ist tatsächlich ein Paradigmenwechsel, denn Selbstorganisation und das damit verbundene Führungsverständnis stellt eine Veränderung auf der Ebene der Identität einer Organisation und der Menschen dar. Grundannahmen, die bislang für selbstverständlich galten, sollen verlernt werden: „Es gibt immer einen Chef.“ „Einer muss sagen, wo es lang geht.“ „Es kann nicht funktionieren, wenn jeder macht, was er will.“ … Identitätsveränderungen sind verbunden mit Ängsten und Unsicherheit.

In einem anderen Workshop hat eine Teilnehmerin es deutlich zum Ausdruck gebracht: „Ich finde Selbstorganisation und die neuen Führungsansätze wirklich gut. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich sie von ganzem Herzen annehmen kann. Ich habe 15 Jahre gearbeitet, um dort hinzukommen, wo ich bin.“ Sie hatte damit den Mut, das auszusprechen, was viele Führungskräfte bewegt: Was bedeutet die Stärkung der Mitarbeiterverantwortung für meine Rolle? Führung verändert sich, das ist keine Frage. Es geht aber explizit nicht darum, Führung und damit Führungskräfte überflüssig zu machen.

Auch die Mitarbeitenden erleben eine Veränderung ihres Selbstverständnisses. Vom Ausführungsgehilfen zum Gestalter und Träger von Verantwortung. Sie fragen sich: „Was genau ist nun meine Rolle?“ „Was soll, muss bzw. darf ich?“ „Kann ich den Anforderungen gerecht werden?“ „Was geschieht, wenn etwas schiefläuft?“ „Möchte ich die Verantwortung tragen?“.

Sorgen, Ängste lassen sich nicht vermeiden, wenn es an die eigene Identität geht. Bisher geltende Grundannahmen und geteilte Werte aufzugeben und zu verlernen, bedeutet, Inkompetenz bzgl. des Neuen und Unsicherheit willkommen zu heißen. Das Lernen auf der Verhaltens- und Fertigkeitsebene ist deutlich leichter als das Lernen auf der Identitätsebene.

Okay. Und was nun? Eines ist klar, für diese Art der Transformation kann es keine Blaupause geben. Die eigene Identität ist immer einzigartig und muss durch jede Organisation und deren Führungshandelnde selbst erkundet werden. Der Weg zur geteilten Führung ist ein Prozess, der nur schrittweise gegangen werden kann. Die gute Nachricht ist: Beim Gehen findet sich die Lösung. Hier einige Ansätze, die sich aus unserer Erfahrung auf diesem Weg bewährt haben.

 

Das Unbekannte in Schutzräumen erfahrbar machen

Unternehmen bestehen nur dann, wenn sie erfolgreich sind. Mitarbeitende und Führungskräfte spüren diesen Druck. Sie wissen, sie müssen „performen“ und versuchen, Fehler zu vermeiden. Nur wenige Unternehmen haben es geschafft, statt der viel beschworenen Fehlerkultur eine wirkliche Lernkultur zu entwickeln. Und doch braucht es genau diese, wenn Mitarbeitende und Führungskräfte das alte Rollenverständnis ablegen und verlernen möchten, um die neuen Ansätze der geteilten Führung zu erlernen. Alle Beteiligten begeben sich auf neues Terrain, auf dem nur wenige Wege vorgezeichnet sind. Nur durch erfahren, erfühlen und in Resonanz gehen mit der neuen Art der Führung können die Beteiligten schrittweise eine neue Identität entwickeln.

Bei einem Windanlagenhersteller, den wir begleitet haben, hatte ein Abteilungsleiter des F&E-Bereichs den Schutzraum für diese neuen Erfahrungen geöffnet. Er wollte wissen, wie die Arbeit in seiner Abteilung gelingt, wenn er sich ganz bewusst zurückhält und seine Mitarbeitenden lediglich von Störungen freihält. Die ersten Erfahrungen waren positiv. Das Team war so produktiv wie schon lange nicht mehr. Die operative Führung hat das Team mit Werkzeugen wie Kanban Boards und Stand-Up Meetings etc. selbst übernommen. In einem Workshop zuvor war der Abteilungsleiter noch sehr skeptisch, ob die Selbstführung seines Teams funktionieren kann. Und dennoch hat er den Versuch gewagt und damit für alle Beteiligten eine Lernerfahrung ermöglicht.

 

Kleine Schritte und Experimente

Allerdings war nicht alles perfekt. Die gut gemeinte Intention des Abteilungsleiters, sich zurückzuhalten, führte dazu, dass dem Team fachliche Orientierung fehlte. Diese Aufgabe hatte in der Vergangenheit der Abteilungsleiter selbst inne und hat sie im Versuch, die Selbstorganisation zu stärken, vernachlässigt. Sich zurückzuhalten bedeutet nicht, sich zurückzuziehen. Von der Übersteuerung kam es zur Untersteuerung des Teams, da nicht geklärt war, wer diese Führungsaufgabe übernimmt.

Und dennoch ist Selbst-Erfahrung in kleinen Schritten der Schlüssel, auch wenn sich der Weg wie ein Schotterweg anfühlt, sich womöglich als Irrweg herausstellt oder in einer Sackgasse mündet.

Das beschriebene Beispiel zeigt eine typische Herausforderung, die ich immer wieder bei der Einführung von selbstorganisierten Strukturen erlebe. Neue Rollen wie die im Führungsdreiklang beschriebenen, werden etabliert und gleichzeitig wird das Verlernen der alten Führungsrollen unterschätzt. Im Beispiel wurde versäumt, explizit zu klären, wer die fachliche Führung des Teams übernimmt. Bleibt dies Aufgabe des Abteilungsleiters? Oder wird diese Aufgabe durch die Mitarbeitenden selbst wahrgenommen? Um diese Rollenkonfusion aufzulösen und neue Führungsrollen zu etablieren, braucht es eine kontinuierliche Selbstreflexion.

 

Kontinuierliche Selbstreflexion in Form von Retrospektiven

Wenn Unternehmen sich auf die Suche machen, explorativ neue Ansätze auszuprobieren, sind regelmäßige Reflexionen bzw. Retrospektiven essenziell. Nur so findet Lernen statt. Ich kenne keine Organisation, die sich auf den Weg gemacht hat, neue Führungsansätze zu etablieren, und von sich behauptet, am Ziel angekommen zu sein. Transformationen dieser Art sind nie zu Ende. Deswegen braucht es die kontinuierliche Selbstreflexion.

Agile Teams wissen um die möglichen Dynamiken und Stolpersteine der Selbstführung und Selbststeuerung. Eine regelmäßige Reflexion in Form von Retrospektiven zu institutionalisieren, ist daher enorm wichtig. Retrospektiven dienen dazu, das Zusammenwirken aller beteiligten Rollen zu reflektieren und kontinuierlich zu verbessern. Insbesondere die Regelmäßigkeit dieser Retrospektiven sorgt für eine kontinuierliche Verbesserung. Dabei geht es nicht nur um die Klärung von Rollendefinitionen. Hier ist der Ort, an dem auch soziale Dynamiken thematisiert und geklärt werden können.

 

Erfolg entsteht gemeinsam

Neue Führungsansätze wie der Dreiklang der geteilten Führung ermöglichen es, die Verantwortungsübernahme der Mitarbeitenden zu stärken. Verantwortung kann man jedoch nicht verordnen. Ebenso wenig lässt sich Selbstorganisation top-down einführen. Wenn wir die Menschen wirklich als Gestalter ernst nehmen, dann können wir den Weg nur gemeinsam gehen. Mit allen Beteiligten, den Führungskräften ebenso wie den Mitarbeitenden.

Autor: Christoph Bauer

Wer hat’s erfunden…? Entdecke die Pionier:innen der systemischen Beratung! Diesmal: Paul Watzlawick

Paul Watzlawick (1921-2007) war einer der international bekanntesten Pioniere der Familientherapie, System- und Kommunikationstheorie und konstruktivistischen Philosophie. Sein Einfluss auf die Entwicklung & Verbreitung der systemisch-konstruktivistischen Ideen kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Einige seiner 22 Bücher erreichten ein Massenpublikum und wurden in 80 Sprachen übersetzt. Das wohl bekannteste Werk ist die ‚Anleitung zum Unglücklichsein‘.

Watzlawick wurde in Österreich geboren und studierte in Venedig. Er promovierte im Fach Philosophie und schloss anschließend eine Ausbildung in Psychotherapie am Carl-Gustav-Jung-Institut Zürich ab. Bei seinem Aufenthalt in Indien kam er mit der indischen Philosophie in Kontakt. 1957 nahm er einen Ruf an den Lehrstuhl für Psychotherapie der Universität El Salvador an. Drei Jahre später führt ihn sein Weg an das neu gegründete Mental Research Institute (MRI) in Palo Alto, Kalifornien. Dort wurde er in den folgenden 46 Jahren zu einer prägenden Figur.

Die Theorien von Gregory Bateson und die Arbeiten von Don Jackson führten bei Watzlawick zu einer radikalen Abkehr von der Psychoanalyse: Statt mit der vergangenheitsorientierten Analyse von Individuen beschäftigte er sich fortan mit gegenwartsbezogenen, paradoxen Interventionen und zirkulären Fragen, die darauf abzielten, die Muster gestörter Beziehungen zu unterbrechen. Für die damalige Zeit revolutionär war die Schizophrenie-Forschung, die die Schizophrenie nicht als intrapsychische Krankheit, sondern als Ergebnis einer paradoxen Kommunikationsstruktur betrachtet. Daraus entstand die berühmte Double-Bind-Theorie.

Wohl am bekanntesten sind die 5 Axiome der Kommunikation, mit denen er den Systembegriff von Bateson in eine allgemein verständliche Form überführt. Aktuelle Kommunikationstheorien basieren auf diesen Axiomen. Insbesondere die Unterscheidung von Inhalts- & Beziehungsebene und der Umstand, dass man nicht nicht kommunizieren kann, haben fast schon den Status von Allgemeinwissen erlangt.

Ein großer Verdienst von Watzlawick liegt darin begründet, dass er die vielen Ideen der damaligen Pionierzeit am MRI in seinen humorvollen und verständlichen Büchern einer Allgemeinheit zugänglich gemacht hat. Insbesondere die abstrakten Konzepte von Bateson, aber auch von Erickson, Jackson und anderen, wurden auf diese Weise einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Seine immense, weltweite Vortragstätigkeit trug zusätzlich zur Bekanntheit systemisch-konstruktivistischer Konzepte bei.

Die Bedeutung von Paul Watzlawick für die systemische Beratung liegt in seiner Betonung der Kommunikation, der Beziehungen und der Muster in sozialen Systemen. Watzlawicks Erbe lebt in der Arbeit von Therapeuten, Beratern und Coaches weltweit weiter.

#kurzundknapp: ANSCHLUSSFÄHIGKEIT

In unserer Reihe #KurzundKnapp konzentrieren wir uns auf die systemische Beratung und das systemische Coaching. Wir erläutern grundlegende Begriffe & Basics in prägnanten Texten mit bis zu 3000 Zeichen.

💡 Anschlussfähigkeit

Das ist die Fähigkeit des Coaches, sich nahtlos bei Interventionen (das sind gezielte Maßnahmen oder Techniken, die ein Coach einsetzt, um Veränderungsprozesse beim Klienten zu unterstützen oder Impulse für neue Denk- und Verhaltensweisen zu setzen) im Coaching auf den Klienten einzustellen.

Er sollte dessen

✔️ Sprache
✔️ Emotionen und
✔️ Bedürfnisse
erkennen und darauf reagieren.

💡 Es kommt darauf an, dass sie einen Unterschied machen, der einen Unterschied macht (Bateson).

Wer hat’s erfunden…? Entdecke die Pionier:innen der systemischen Beratung! Diesmal: Salvador Minuchin

𝐒𝐚𝐥𝐯𝐚𝐝𝐨𝐫 𝐌𝐢𝐧𝐮𝐜𝐡𝐢𝐧 (1921-2017), Begründer der Strukturellen Familientherapie und einer der großen systemischen Denker. Seine Arbeit wurde von seiner Biografie geprägt. Als Sohn jüdischer Einwanderer in Argentinien und somit Mitglied einer Minderheit wurde sein Blick für soziale Gerechtigkeit sensibilisiert. So kümmerte er sich auf seinen späteren beruflichen Stationen meist um benachteiligte Jugendliche und deren Familien. Seine Kindheit war geprägt von der Dynamik einer patriarchalen Großfamilie, in der Regeln und Grenzen eine besondere Bedeutung hatten.

Die 𝐒𝐭𝐫𝐮𝐤𝐭𝐮𝐫𝐞𝐥𝐥𝐞 𝐅𝐚𝐦𝐢𝐥𝐢𝐞𝐧𝐭𝐡𝐞𝐫𝐚𝐩𝐢𝐞 wurde ab Mitte der 1960er entwickelt. Unterstützung erfuhr Minuchin von Jay Haley, dem Begründer der Strategischen Familientherapie. Im Mittelpunkt dieses Ansatzes stehen die Begriffe Hierarchie, Regeln, Subsysteme und Grenzen: Ziel der Therapie ist die Veränderung der dysfunktionalen Struktur der Familie. Diese Veränderung zeigt sich in einem hilfreicheren Zusammenwirken der einzelnen Subsysteme sowie darin, dass klare Grenzen nach Innen und nach Außen gesetzt werden. Klare Grenzen sollten weder zu rigide sein, weil damit die Gefahr der Isolierung einhergeht, noch sollten sie verschwommen sein, weil dies zu einer Verstrickung führen kann. Dies ist insbesondere beim elterlichen Subsystem von besonderer Bedeutung.

Heute mag die Strukturelle Familientherapie als ein Ansatz der Kybernetik erster Ordnung für einige Systemiker als überholt erscheinen, dennoch hat Minuchin das systemische Denken und das Verständnis des Familiensystems nachhaltig geprägt.

Die von ihm entwickelte 𝐌𝐞𝐭𝐡𝐨𝐝𝐞 𝐝𝐞𝐫 𝐒𝐲𝐬𝐭𝐞𝐦𝐳𝐞𝐢𝐜𝐡𝐧𝐮𝐧𝐠 ist eine gängige Visualisierungsmethode in der systemischen Beratung. In einigen Bereichen war Minuchin seiner Zeit voraus: Während vor der kybernetischen Wende das heute zentrale Konzept der Ressourcenorientierung noch weitgehend unbekannt war, glaubte Minuchin fest an die Ressourcen und Fähigkeiten der Familien.
Herausragend war seine Fähigkeit, die Dynamiken der Familien schnell zu erfassen und eine 𝐀𝐧𝐬𝐜𝐡𝐥𝐮𝐬𝐬𝐟ä𝐡𝐢𝐠𝐤𝐞𝐢𝐭 zu den einzelnen Familienmitgliedern herzustellen. Dazu nutzte er sein schauspielerisches Talent und intervenierte mal als netter Onkel, mal als Zauberer oder als dominante Autorität. Auch sein 𝐇𝐮𝐦𝐨𝐫 war ein wichtiges Medium, um den Familien aus ihren problemerzeugenden Mustern zu helfen.

Eine wichtige Ressource Minuchins war 𝐬𝐞𝐢𝐧𝐞 𝐅𝐫𝐚𝐮 𝐏𝐚𝐭𝐫𝐢𝐜𝐢𝐚, mit der er 64 Jahre verheiratet war. Sie war eine in Amerika bekannte Entwicklungspsychologin und beeinflusste viele seiner Veröffentlichungen. In seinen familientherapeutischen Trainings entwickelte sich damals schon die Idee von 𝐕𝐢𝐝𝐞𝐨-𝐁𝐞𝐨𝐛𝐚𝐜𝐡𝐭𝐮𝐧𝐠𝐞𝐧 𝐮𝐧𝐝 𝐋𝐢𝐯𝐞-𝐒𝐮𝐩𝐞𝐫𝐯𝐢𝐬𝐢𝐨𝐧𝐞𝐧, die bald zum Standard wurden.

Wer hat’s erfunden…? Entdecke die Pionier:innen der systeminschen Beratung! Diesmal: Gregory Bateson

 

𝘋𝘪𝘦 𝘚𝘺𝘴𝘵𝘦𝘮𝘪𝘴𝘤𝘩𝘦 𝘉𝘦𝘳𝘢𝘵𝘶𝘯𝘨 𝘪𝘴𝘵 𝘨𝘦𝘱𝘳ä𝘨𝘵 𝘷𝘰𝘯 𝘦𝘪𝘯𝘦𝘳 𝘝𝘪𝘦𝘭𝘧𝘢𝘭𝘵 𝘢𝘯 𝘋𝘦𝘯𝘬𝘦𝘳:𝘪𝘯𝘯𝘦𝘯. 𝘐𝘯 𝘶𝘯𝘴𝘦𝘳𝘦𝘳 𝘚𝘦𝘳𝘪𝘦 𝘴𝘵𝘦𝘭𝘭𝘦𝘯 𝘸𝘪𝘳 𝘳𝘦𝘨𝘦𝘭𝘮äß𝘪𝘨 𝘦𝘪𝘯𝘪𝘨𝘦 𝘥𝘦𝘳 𝘎𝘳ü𝘯𝘥𝘦𝘳𝘷ä𝘵𝘦𝘳 𝘶𝘯𝘥 -𝘮ü𝘵𝘵𝘦𝘳 𝘷𝘰𝘳.

𝐆𝐫𝐞𝐠𝐨𝐫𝐲 𝐁𝐚𝐭𝐞𝐬𝐨𝐧 (1904–1980) kann aufgrund der Bandbreite seiner Arbeitsfelder (Anthropologie, Biologie, Kybernetik, Ökologie, Philosophie, Linguistik, Kommunikations-, Lern- & Erkenntnistheorie) nicht einer Disziplin zugeordnet werden. Er gilt heute als Schlüsselfigur der Sozialwissenschaften des 20. Jahrhunderts und als wichtigster Vordenker systemischen Denkens.

Zu seinen Schülern zählten Virginia Satir und Paul Watzlawick. Bateson spielte auch eine zentrale Rolle bei den Macy-Konferenzen, in denen die Grundlagen der Systemtheorie und der Kybernetik entwickelt wurden. Seine Arbeiten haben zahlreiche Theorien und Ansätze inspiriert. Dazu zählen bspw. die Systemtheorie (Luhmann), die Kommunikationstheorie (Watzlawick) und auch die Neuro-Linguistische Programmierung (NLP).

Seine zahlreichen Arbeiten münden nicht in eine umfassende Theorie, sondern etablieren eine spezifische Art des Denkens, die den Leser zum selbständigen Denken anregen soll.
Zum Fundament dieses Denkens zählt seine Kommunikationstheorie (1951), in welcher der Begriff der Metakommunikation eine besondere Bedeutung hat. Bateson verwendet diesen Begriff über das heutige Verständnis (Kommunikation über Kommunikation) hinausgehend: In jeder Kommunikation werden primär Beziehungsmuster verhandelt.

Hierbei spielt der Kontextbegriff eine wichtige Rolle, mit dem sich Bateson stärker auf die Relationen zwischen den Individuen fokussiert und somit ein zentrales Prinzip des heutigen Denkens vorbereitet: die Konzentration auf die Muster, Beziehungen und Verhaltensweise der Systemmitglieder. Die batesonsche Kommunikationstheorie wird insbesondere von Watzlawick weiterentwickelt und einem breiteren Publikum verstehbar gemacht.

Im Rahmen der Untersuchungen zu den Paradoxien der Kommunikation hat Bateson die Doppelbindungstheorie entwickelt. Eine Double-bind-Situation ist eine Konstellation, in der eine Person mit zwei widersprüchlichen Botschaften / Regeln konfrontiert ist und diese weder ignorieren noch thematisieren darf.

Auch seine theoretischen Überlegungen im Bereich der Ökologie sind in Zeiten der Klimakrise aktueller denn je. So warnt Bateson davor, dass der Mensch seine zirkuläre Eingebundenheit in das Ökosystem nicht versteht, wodurch dramatische Trugschlüsse und kontraproduktive Handlungen wahrscheinlich werden.


#GregoryBateson #Systemtheorie #Kommunikationstheorie